Galerie Antje & Rudi 

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40 Einträge auf 4 Seiten

Rudi Nauschütt

06.01.2019
07:38
Die Brücke über den Pelorus - 04.01.2019

".... unser Filmshooting kam zu einem apruptem Ende. Die Polizei warnte uns vor einem drohenden Unwetter. Noch nie habe ich eine Filmcrew gesehen, die so schnell die Klamotten zusammengepackte ... am nächsten Tag hatte der Fluss Hochwasser ...." (Peter Jackson zum Drehtag 'Hobbit' an der Brücke über den Pelorus).
Ein Unwetter müssen wir heute nicht befürchten. Der Himmel strahlt stratoblau. Kaum ein Wölkchen weit und breit. Ein guter Tag für Film und Fotos.
Wir starten in Nelson. Da steppt der Bär. Pünktlich zu den großen Ferien spielt eine regional bekannte Girls Group auf. Anscheinend sind es nur wir, die sie nicht kennen, denn die ganze Bevölkerung U 25 ist auf den Beinen, wie es scheint.
Auf einer kleinen Plaza spielt eine Jazzband. Ein paar Takte zuhören, dann machen wir uns auf die Suche nach dem Schmied der Ringe - um die sich alles in den beiden J.R.R. Tolkien Trilogien handelt. Wir erwarten ein Elben-Atelier, doch finden wir nur eine unscheinbare Goldschmiede-Bouutique in einem schlichten Geschäftshaus vor.
Der 'Creator', Jens Hansen, hat das Ring-Ensemble für den Film von Peter Jackson entworfen und nennt sich schlicht: THE RINGMAKER (www.jenshansen.com). Selbstverständlich bietet das Haus Hansen auch andere Schmuckstücke, die mit dem Hobbit-Boom nichts zu tun haben. Man könnte sich gar eines nach eigenen Vorgaben anfertigen lassen, wirbt er. Der Laden ist winzig, fast noch kleiner als eine Hobbithöhle, nur nicht so gemütlich. Ich wage es nicht hineinzugehen. Vermutlich platzt er dann aus allen Nähten. Was natürlich Unfug ist. Wahr ist, ich möchte nicht nur nach dem Ring der Elben fragen und das war's dann. Vermutlich wäre ich aber nicht der erste, der nur guggt, nix kauft.
Kaffeepäuschen in Nelson - anschließend Weiterfahrt nach Havelock, ein klitzekleines Fischerdorf, das auf Fang und Zubereitung grüner Muscheln spezialisiert ist. Und, wer die seltenen Meeresfrüchte mag, ist hier bestens aufgehoben. Zuvor jedoch passieren wir d i e Brücke. Der Fluss zwängt sich unter ihr bei Niedrigwasser an schroffen Felsen vorbei. Gerade mal führt er wenig Wasser. Der Blick in die Tiefe. Eine Menge Leute sind dort. Die wenigsten wollen sich wohl den einstigen Drehort ansehen. Wir gehöhren zu den Wenigsten. Überwiegend nutzen Einheimische mit ihren Kindern den Fluss als perfekte 'Badeanstalt'.­ Das Wasser ist klar und kühlt an diesem Hochsommertag. Wir sehen die Blagen von den Felsplatten hineinspringen. Einige schwimmen. Wir baden unsre Füße.
In Havelock finden wir zwei, drei nette Restaurants. Während die Damen den Ort erkunden, bleibe ich mit Tom an einem Fass bei frischgezapften Bieren 'hängen'. Die 'Kutscher' haben sich ein kühles Blondes verdient, finden wir. Muscheln gibt's selbstverständlich später dazu, wenn sie auch in unserer Gefährtenrunde nicht jedem ein Genuss sind und man lieber auf Pastagerichte ausweicht.

Rudi Nauschütt

03.01.2019
21:31
AquaTaxi - 03.01.2019

Zum Ausflug in die Buchten werden empfohlen: Sandalen, Sneakers oder FlipFlops - Trinkwasser und Snacks. In Anchorage und der Bark Bay, im Abel Tasman Nationalpark, gibt's nur Natur. Undzwar reichlich. Zu den genannten Fleckchen Erde kommt man entweder nur zu Fuß, mit dem Wassertaxi, oder man paddelt selbst. Kajaks kann man mieten. Wenn man in der Hochsaison rechtzeitig reserviert. Im (belebten) Badeort Kaiteriteri legen die Zubringerboote ab. Wir buchen eine Halbtagestour. Die beginnt mittags. Es ist kurz nach 10:00 und wir haben noch Zeit. Schmitzchen Family spielt eine Runde Minigolf, Zimtsternchen fotografiert Muscheln und ich creme Sonnenmilch auf die Haut. Es verspricht ein hochsommerlicher Tag zu werden. Gestern erreichte das Thermometer 38 Grad. Zum Glück ziehen heute ein paar Schleierwolken und ein teils heftiger Wind bläst, da fühlt es sich nicht ganz so 'knusprig' an.
Es sind offensichtlich noch mehr Leute auf den Geschmack gekommen. Hinzu kommt: In NZ fallen Feiertag, Brückentag und Ferien gleichzeitig an. Der feine, goldgelbe Sand 'erfreut' sich somit regen Besuchs. Es wird Kubb gespielt, Badehandtücher warten ausgebreitet auf Sonnenanbeter, Standup-Paddel-Anfänger mühen sich, um ihr Gleichgewicht zu halten. Yachten, Katamarane, Segler und Wassertaxis kreuzen in der Bucht. Hektisch ist es dennoch nicht.
Mit zwanzigminütiger Verspätung startet unser AquaTaxi (das letzte, noch nicht ausgebuchte). Es ist ein sehr kleines Boot und kann nur wenige Passagiere befördern. Was uns ganz gelegen kommt. Mit 28 Knoten Spitze fegt es an der Küste der Tasman Bay entlang. Zwar haben wir nur leichte Dünung, doch der stählerne Boden des Boots schlägt hier und da heftig, dass man Sorge um sein Gebiss haben muss. Soweit man eines trägt. Mützen fliegen im Fahrtwind eh davon, also setzen wir erst gar keine auf. Der Skipper verlangsamt das Tempo und lässt sein Bötchen an den Felsenvorsprüngen einer Insel entlang dümpeln. Er erklärt uns, das dort 450 Robben leben. Tatsächlich sehen wir ein halbes Dutzend, darunter ein Dreimonate altes Jungtier. Manchmal seien besonders die Babyrobben so neugierig, dass sie den Leuten aufs Kajak springen, später entwickeln sie sich zu rüpelhaften 'Teenagern'. Es gebe Gelegenheiten, da könne man mit den poussierlichen Tieren schwimmen gehen. Ehrlich gesagt möchte ich dafür jetzt nicht das Boot verlassen. Vielleicht später? Die Jungtiere würden zu dieser Jahreszeit geschützt aufwachsen. Die 'bösen' Orcas kämen erst ein paar Monate später in die Bucht zurück.
Der Skipper dreht den Motor nach der Bannmeile rund um die Robbenkolonie wieder auf. Wir 'fegen' zum ersten Stopp, steigen über eine wacklige Leiter aus, springen ins kniehohe Wasser und warten an den (immer noch) goldgelben Sand. Allein sind wir noch nicht. Wie beschrieben, viele nutzen den Tag zu einem Ausflug. Doch es ist bereits merklich weniger geschäftig, als an unsrem Startpunkt. Autos gibt's schon mal nicht und an den langen Stränden 'verlieren' sich die Besucher recht schnell.
Nach einer Stunde holt uns wieder ein 'Taxi' ab, bringt uns einige Kilometer weiter zur Bark Bay. Wir schießen an 'schwer ackernden' Kajakfahrern vorbei, deren Ziel ebenfalls diese Bucht sein wird. Von dort aus werden sie dann wieder zurück geshuttelt. Immerhin benötigen sie für eine Tour etwa vier Stunden. Da dürfte der ein oder andere Paddler ziemlich 'fertig' sein und kaum jemand den Rückweg auf 'eigenem Kiel' antreten wollen.
Die Bark Bay ist etwas größer als der erste Ankerplatz. Prile durchziehen den Strand und eine sanfte Düne grenzt ihn zum Buschwerk ab, dass für den grünen Farbtupfer der Scenerie sorgt. Auf einem Stein hockt ein Pinguin. Von weitem jedenfalls sieht er so aus. Sobald wir uns ihm nähern entpuppt er sich als Kormoran. Er hält schon still fürs Foto, scheint von uns keine Notiz zu nehmen. Tom steht jetzt fünf Meter vor ihm, deutet an, wie man fliegen muss und breitet die Arme wie zum Abheben aus. Der Vogel betrachtet ihn ungläubig, lässt sich nach einigen Versuchen 'überzeugen' und stürzt sich in das türkisfarbene Wasser, um einen Fisch zu fangen. Mir war bisher nicht bekannt, dass Tom sich in einen Kormoranflüsterer verwandeln kann.
Viel zu früh werden wir aus dem Paradies abgeholt. Für Interessierte: Man könnte dort auch in Hütten übernachten. Fernab von Straßen - und Burger-Buden. Ab dem späten Nachmittag, wenn das letzte 'Taxi' abgelegt hat, dürfte es hier ziemlich still und verlassen sein. Ein perfekter Ort für jeden Alltagsgestressten komplett 'runter zu kommen'. Sicherlich auch der ideale Beobachtungsposten, Sterne zu gucken, am Strand zu hocken, der schwappenden Flut zuzuschauen, bei einem guten Gläschen NZ-Wein.

Rudi Nauschütt

02.01.2019
20:22
Kiwi-, Apfel-, Hopfenland - 03.01.2019

Im Dunst reisen wir weiter Richtung Norden. Der State Highway 6 windet sich den Küstenstreifen entlang, passiert den Nine Mile Beach, um irgendwann (bei Charleston) ins Landesinnere zu schwenken und dem Buller River zu folgen. Hier und da erhaschen wir durch das dichte Buschwerk einen Blick auf die Gorges, tiefe Einschnitte, die sich der Fluss im Laufe der Jahrmillionen durch den Limestone gegraben hat. Sobald wir über eine Brücke fahren, offenbart der Flusslauf sein klares Türkis. Er lädt zum Wildwasserfahren und Baden ein.
Wenn man Glück hat, läuft der Weka Vogel über den Weg. Er ist leicht mit einem Kiwi zu verwechseln, weil sein Federkleid ähnlich aussieht, der Schnabel jedoch viel kürzer ist. Wekas sind Tagaktive, insofern die Chance, ihn zu sehen größer ist. Weka können nicht fliegen, sie staksen wie Fasane und ein Exemplar dabei direkt vor meine Füße. Bevor ich jedoch die Kamera ausrichten kann, ist es auch schon wieder im Busch verschwunden.
Wir stehen auf dem Hope Saddle (2085 ft). Von hier oben aus schweift der Blick über die grünen Erhebungen, die ein wenig an den Schwarzwald erinnern. Vielleicht auch deshalb, weil Fichten und Tannen, vor den heimischen Birken die Vegetation bestimmen. Die Rufe des Tuis werden von einem ständigen Zwitschern untermalt. Es stammt von Neuseelands kleinstem Vogel, dem Rifleman, er ist nur daumengroß und im Gestrüpp so gut wie unsichtbar. Gewöhnlich kommt er nur in höheren Regionen vor.
Wir verlassen die 6 und weichen auf eine Nebenstrecke aus. Weite Täler öffnen sich zwischen den Bergen. Hopfen (eine wichtige Zutat für Bier) wird angebaut. Einige Felder sind bereits abgeerntet, doch überwiegend hangeln sich die meterhohen Pflanzen üppig an Stangen empor. Apfel- und Kiwiplantagen lösen den Hopfen ab und erstrecken sich über Kilometer entlang der Straße.
Der Top10 Platz in Motuek ist knallvoll. Hochsaison, ausserdem Feiertag. Kinder tollen über die Wiese und unserer Tin Can wird zum ersten mal ein Stellplatz zugewiesen, der fünfmal so groß ist wie normal. Mitten zwischen Zelten, Wohnwagen und anderen Mobilen. Schmitzchens nächtigen in einer geräumigen Hütte. Evchen sucht einen Arzt auf, der ihrem Fuß jedoch gute Heilung attestiert und zum Abendessen müssen sie feststellen, dass es für sie kein Geschirr gibt. Gut, dass die Tin Can für vier Leute ausgelegt ist (was, wie ich bereits notierte, ein Treppenwitz ist - doch was die Versorgung an Teller und Tassen anbelangt, kann ich mich nicht beklagen).

rudi nauschütt

02.01.2019
20:20
Pfannekuchen - 01.01.2019

Zimtsternchen backt Pfannekuchen für alle - herzhaft oder süß. Zum Frühstück. Nicht unbedingt mein Ding. Ich begnüge mich mit Müsli.
Schmitzchens Vermieter sind Auswanderer aus dem deutschsprachigem Raum. Sie haben sich ein kleines, anscheinend gut funktionierendes Domizil unmittelbar in Strandnähe geschaffen, das sie mit ihren internationalen Gästen teilen. Wir sitzen im gut besuchten Geimeinschaftsraum. Das Geschirrgeklapper ist groß, die Aussicht durch die Panoramascheiben grandios. Meerblick. Die jungen Damen belegen gar ein Zimmer in einem separaten Bungalow. Ebenfalls Meerblick. Die Tin Can steht auf dem benachbarten Campingplatz aber auch nicht schlecht. Zwei Schritte durch einen schmalen Grüngürtel, in denen die Tui-Vögel ihren 'Senf' dazu geben, und wir haben 'unsren' Strand. Der ist kilometerlang. Die Wellen rauschen gleichmäßig Tag und Nacht heran. Eine beruhigende Geräuschkulisse.
Unser Wetter meint es gut. Über der Tasman See breitet sich ein feiner Wassernebel aus, er zieht in unsre Richtung und verleiht dem Tageslicht das gewisse Etwas. In unsrem Rücken bauen sich steile, narbige Bruchsteinwände auf. Palmen und Birken, Pampasgras und Flax wachsen zu 'Füßen'. Südseefeeling. Die Luft ist weich. Meine Kohlenpott-Huster (sie haben sich glücklicherweise seit den 1950ern reduziert), bleiben an diesem Ort aus..
Zimtsternchen macht Fotos in den Pancake Rocks. Derweil sonne ich mich auf einer Bank, hoch über den donnernden Wellen, auf den 'Zinnen' den Pfannkuchenfelsen. Vielleicht sehe ich dabei wie ein verlorener Kameragehilfe aus, der auf seinen nächsten Einsatz wartet. Das Käppie tief im Gesicht, um die Sonneneinstrahlung zu mildern. Mag meine Erscheinung eine Spur zu traurig wirken? Ein kleines Mädchen stuppst mich aufmunternd an, ich schaue auf, sie lächelt und flüstert verschwörend: "Happy New Years!" Sie sagt es wirklich im Plural, Years. Vielleicht hat sie sich versprochen, oder man wünscht es sich wirklich in NZ, oder - aber das wäre ja wirklich schon superphilosophisch ... sie wünscht mir noch viele gute Jahre. Gleichwohl, es ist eine wirklich herzliche Geste ihrerseits. Ich richte mich auf, atme kräftig durch und sage laut: Happy New Year! Und leise: Hoffe ich auch!
Für den Rundgang durch die Pancakes sind 20 Minuten veranschlagt. Die meisten schaffen das wohl, weil sie in Eile sind. Zuviel gibt's in NZ zu sehen. Wir halten uns den ganzen Vormittag auf. Die Motive sind ungezählt und glücklicherweise wuseln an diesem ersten Tag 2019 nicht so viele Besucher herum, wie ich zuvor befürchtet hatte. Es ist Ebbe. Die Blowholes verhalten sich 'friedlich', es bläst keine Gischt aus den Felsenspalten. Das ist weniger spektakulär, lässt allerdings den Focus mehr auf die Felsformationen, die kleinen Details am Rande richten.
Ein entspannter 1.1.2019.
Die jungen Damen unternehmen eine Wanderung, bei der sie einige Kilometer zurücklegen. Am Ende berichten sie begeistert. NZ hat immer was zu bieten, selbst in den kleinsten Winkeln strotzt Natur. Evchen und Tom verlustieren sich am Strand. Evchen 'hat Fuß', eine Verbrennung, die sie sich auf dem ablegenden Schiff am Milford Sound zugezogen hatte (es war der Kaffee) und die ihr noch heute zu schaffen macht. Lange Fußmärsche sind für sie nicht drin. Ergänzend zur ausgiebigen 'Vermessung' der Pfannekuchenfelsen durch Zimtsternchen, krabbeln wir noch in eine Höhle am Rande des Highway 6. Das Hinweisschild könnte man glatt im Vorbeifahren übersehen, doch auch dieser kleine Ausflug in die Welt der Fossile untergeganer Ozeane (mit Glück lassen sich Überreste in den Sedimentschichten finden) lohnt. Kaum, dass wir die Strasse verlassen, empfängt uns ein dichter Urwald in der Miniversion. Das dichte Gestrüpp, die Palmen verbergen die Fahrbahn und verschlucken die Geräusche. Der kleine Busch gibt uns das Gefühl weg von jeglicher Zivilisation zu sein. Wir steigen die steile Holztreppe zum Höhleneingang empor. Doch nach einigen Schritten ins Innere wird es (naturgemäß) dunkler und so niedrig, dass nur noch eine 'Erforschung' im Kriechen und mit einer funktionierenden Taschenlampe möglich wäre. Kriechen wollen wir nicht und die Taschenlampe liegt in der Tin Can verkramt. Es reicht indes immer noch für einige schöne Momente.
So hat jedes Grüppchen der Gefährten den Neujahrstag auf seine gewünschte Weise verbracht. Am Abend treffen wir wieder alle zusammen, kochen und lassen den ersten Tag sanft ausklingen.

Rudi Nauschütt

01.01.2019
07:21
Jade, Blowholes & Pancake (oder: Not the same procedure as every year) - 31.12.2018

Der letzte Tag 2018. New Years Eve. Wir setzen unsre Reise fort. Etappenziel: Die Pancake Rocks (Pfannkuchenfelsen) bei Punakaiki im Paparoa Nationalpark. Dort wollen wir zwei Nächte bleiben. Bis dahin werden wir etwas mehr als zweihundert Kilometer über den Highway 6 fahren. Eine Tagesreise, wenn wir die besten Höhepunkte mitnehmen wollen. Und das wir das wollen ist ja wohl klar. Je weiter wir Richtung Norden cruisen (es geht immer gemütlich voran auf NZ Straßen), umso mehr klärt sich der Himmel auf. In Küstennähe verziehen sich die Wolken schnell. Nur noch vereinzelte Fetzen heften sich in eine voralpine Hügellandschaft, das sich dahinter liegende Gebirge bleibt jedoch auch heute verborgen. Dann kommt endlich wieder die Sonne durch. Es wird sofort hochsommerlich 'knallig' heiß.
Der Straßenverlauf ist gespickt mit einer unglaublich vielfältigen Szenerie. Ob nun Birkenwälder, durchsetzt mit Cabbage Trees, Nikau-Palmen, Teebäumen und dem allgegenwärtigen Farn, oder raue Klippen, bizarre Felsformationen in schäumender Meeresbrandung, immer wieder versetzt es uns ins ungläubige Staunen. Wir überqueren auf einspurigen Brücken staubtrockene Ströme, die nur während der Schneeschmelze oder nach heftigen Niederschlägen in den Bergen soviel Wasser führen, dass das freigelegte Kiesbett überspült wird und passieren die steilsten Felswände, die fast immer von grün saftigem Moos 'bekleidet' sind.
Nach dieser abwechslungsreichen Fahrt erreichen wir die 'Stadt der Jade', Hokitika (www.hokitika.org). Jade wird hier unter anderem in den Flüssen der Umgebung wie auch am 'Hausstrand' Hokitikas gefunden. Man verarbeitet ihn in Ateliers und Werkstätten, wo der warme, grüne Stein zu feinem Schmuck (zumeist zu Maori-Motiven) geschliffen wird. Am Ortseingang besuchen wir eine Jade-Manufaktur, in der wir den Experten bei ihrer Arbeit 'über die Schulter schauen'. Die Stücke werden an Ort und Stelle zum Verkauf angeboten. Etliche Glasvitrinen, gefüllt mit filigranen Arbeiten machen dem Interessierten die Wahl schwer. Ich gucke nur.
Der eckige Uhrenturm ist wohl das markanteste Bauwerk der kleinen Handelsstadt am Meer. Man kann drum herumfahren, es dominiert nämlich einen Kreisverkehr. Einige Art Deko Häuser sorgen zudem für ein durchaus ansprechendes Stadtbild. Sie wechseln sich mit typischen aus Holz errichteten Gebäuden der Goldgräberzeit ab. Selbst bei miesem Wetter würden wir dank der überdachten Holzveranden, die sich Shop an Shop reihen trocken bleiben. Goldschmuck und -Nuggets werden ebenso angeboten, wie Chickenwings und Burger - oder Jadeschmuck und Opossumfelle. Doch weder das Eine noch das Andere interessiert. Wir wenden uns dem Strand zu, schöpfen einige 'Einheiten' Sonnenstrahlen und suchen nach passenden Jadesteinchen, die unsere Freigepäcksgrenze auf dem Rückflug nicht übermäßig strapazieren. Hier und da entdecken wir grün schimmernde 'Mitbringsel' und hoffen, dass es sich dabei auch um 'Greenstone' handelt.
Weiter geht's!
Die Pfannkuchen-Felsen sind mit Abstand wohl die skurillsten Gebilde, die Meeresbrandung und Witterung 'gestalten'. Diese Kalksteinwände haben durchaus Ähnlichkeit mit aufgeschichteten Eierkuchen. Das allein ist schon der Hingucker. Wenn dazu noch aus verborgenen Felsspalten (Blowholes) Meerwasser geschossen kommt, wird's so richtig lustig und einige Neugierige auf den etlichen Aussichtsplattformen pitschnass. Aus jenen (Blas-) Löchern spritzen bei Flut die Fontainen meterhoch und verbreiten daraufhin einen feinen, nach Meersalz schmeckenden Nebel. Die anrollende See presst ihr Wasser in unterirdische Höhlen, aus denen es, wie durch ein Überdruckventil, nur noch dank enger Spalten entweichen kann. Die Tasmanische See ist heute besonders rauh und kabbelig. Schäumende Wellenberge 'reiten' mit enormer Kaft den ausgehöhlten Felsen entgegen und klatschen tösend gegen die Höhlenwände unter uns. Es kracht, als hätte man zu Sylvester 'Chinaböller' zum detonieren in einer Tonne deponiert. Durchaus passend für den heutigen letzten Abend im Jahr.
Jahreswechsel in NZ. Der findet zwölf Stunden vor der Mitteleuropäischen Zeit statt. Wir können somit schon frühzeitig der daheimgebliebenen Community einen 'Guten Rutsch' wünschen. Im Paparoa Nationalpark haben wir dieses Ereignis alle noch nicht gefeiert. Wir trinken ein Gläschen Wein, ersinnen Wortketten (jeder eine Silbe: Schallplatte - Plattenspieler - Spielbank usw.). Vereinzelt werden in der Nachbarschaft über den gesamten Abend Feuerwerksraketen gezündet, am Strand lodern Lagerfeuer, doch im Großen und Ganzen ist es ruhig.
Über uns funkeln nur noch die Sterne des tiefsten Südens unsres Planeten, als es heißt:

Frohes Neues Jahr!

Rudi Nauschütt

31.12.2018
00:34
Raindrops keep falling - 30.12.2018

Es schüttet wie aus Eimern. Rings um das Gletscherparadies soll es allerdings sonnig und warm sein. Was uns jetzt nicht wirklich vergnüglich stimmt. Die Berge halten die Wolken regelrecht gefangen, so dass weder Gipfel noch Gletscher zu erkennen sind.
Der Ort am Franz Josef Glacier ist nur stecknadelgroß. Er lebt vom Tourismus. Es gibt hier gefühlt mehr Buchungsstationen für Helikopterrundflüge als Shops, Restaurants oder Souvenierläden. Wir fragen am Counter des Veranstalters nach dem 'Stand der Dinge'. Wie erwartet: Unser 'Ride' wird verschoben. Um zunächst erstmal zwei Stunden. So müssen die Andenkenboutiquen dran glauben. Nach der dritten bin ich durch. Die anderen durchsuchen weiterhin tapfer die Regale, finden und ... kaufen. Ich wende mich derweil den 'Randerscheinungen' des Nestchens zu, muss nicht lange suchen und entdecke zu Behausungen umgebaute Oldtimer im Gebüsch. Eigentlich schon wieder ein kleines Highlight.
Zwei Stunden später: Wir müssen den Rundflug endgültig abhaken. Man hätte uns noch einen Ausflug ins Skigebiet angeboten und einen Film. Dafür sind wir jedoch nicht hierher gekommen. Leider, leider wird es nix mit Sightseeing aus der Vogelperspektive. Sieht man das vom wirtschaftlichen Standpunkt, dann haben wir allerdings etwas fürs Sparschwein getan und vielleicht eine Art Anzahlung auf eine künftige Tiki-Tour durch NZ? Was wäre die Alternative: Kaufrausch, T-Shirts, Schlüsselanhänger, Käppis, Armreifen und Unterhosen mit einem Kiwi drauf? Zum Glück ist die Shoppingmeile sehr überschaubar. Wir konnten keinen Laden auslassen und finden uns mit dicken Tüten bestückt in Schmitzchens Hütte zusammen und sortieren die Einkäufe.
Ganz in der Nähe unsrer Unterkunft breitet sich ein kleiner Wald aus. Wir (Zimtsternchen und ich) raffen uns zu einem Bushwalk auf, während die anderen es doch lieber vorziehen, die Hütte zu hüten. Wir weichen zwischen betagten Bergbirken den Tropfen aus. Die Birkenrinde ist als solche kaum noch zu erkennen, da sie mit einem dichten Mantel aus zartgrünen Moos umhüllt ist. Luftige Farnbäume streben ans Licht. Im Moder abgestorbener Baumstümpfe wachsen bereits wieder die 'Nachkommen' für den Forst. Nasstriefendes Gehölz hat sich ineinander verschlungen, als würde es sich der Feuchtigkeit trotzend aneinanderschmiegen. Wasserlachen umspülen freiliegende Wurzeln und bilden kleine Pools, aus denen die Waldbewohner ihren Tagesbedarf an Flüssigkeit schöpfen - oder Mückenlarven gedeihen können. Der neuseeländische Busch. Dieses typische, exotisch Urwüchsige am anderen Ende der Welt. Es wird fehlen, wenn wir wieder in Europa sind.
'Man sieht nur mit dem Herzen gut', sagte der Kleine Prinz, was auch einen verklärenden Blick auf das trübe Tageslicht ermöglicht. Es sorgt für den mä­rchenhaft-­romantischen Hauch, von dem das charakteristische Bild eines Regenwalds 'lebt'. Da flötet der (unsichtbare) Tui-Vogel seine Strophe, wiederholt sie ständig. Waldtauben (eine beliebte Speise der Maori) flatten in den Baumkronen und auch die zutraulichen Fantails queren den Weg. Sie breiten ihren Fächer aus, fiepen aufgeregt und locken weitere Artgenossen, die sich mit leichtem Flug zu ihnen gesellen. Es sieht aus wie ein Tanz. Sie umkreisen sich, lassen sich fallen, steigen wieder auf und vollziehen die absurdesten Flugbewegungen. Man muss schon sehr reaktionsschnell sein, einen von ihnen zu fotografieren. Doch das gelingt am heutigen Tag.

Rudi Nauschütt

31.12.2018
00:30
Flipper - 29.12.2018

Farn krabbelt die Felswände empor und lässt sie als lebende grüne Wand erscheinen. Dichter Busch anstatt Leitplanke. Der Highway 6 zieht sich mitten durch tiefe Wälder in das Reich der mächtigen Gletscher. Franz Josef, der gewaltigste in NZ, dürfte wohl der bekannste sein. Er trägt seinen Namen nach Kaiser Franz Josef I (der für den ersten Weltkrieg zeichnet).
Viel ist heuer nicht zu sehen. Wolkenfetzen steigen die Hänge hinauf, 'kleben' in den Baumwipfeln und regnen sich gehörig aus. Der Regenwald trägt seinen Namen zu recht. Tropfende Moose in allen erdenklichen Farben hängen von den Ästen herab. Üppig ist die Vegetation, dank des häufigen Niederschlags. Der natürlich unvorteilhaft für die Sicht auf Mount Cook & Co. ist. Die 6 'touchiert' an einigen Stellen das Ufer der Tasman See. Von den 'Lookouts' reicht der Blick bis zu den nebelverhangenen Klippen, die sich noch kühn aus dem Wasser recken und von der Brandung im Laufe der Jahrtausende irgendwann zu Sand zerrieben werden.
Tom entdeckt sie zuerst. Eine Gruppe Delfine, die sich vor den mit weißem Wellenschaum umspülten Felszacken hundert Meter unterhalb unseres Ausgucks tummeln. Es dürften weit mehr als zwei Dutzend sein. Sogleich zücken wir die Kameras und richten die Objektive aus. Diesmal mit Erfolg. Die Rückenflossen sind deutlich zu erkennen, auch die grausilbrigen Körper, die sich in ästhetischer Eleganz durch die Fluten fortbewegen und Hindernissen ausweichen. Vermutlich stellen die Delfine einem Fischschwarm nach. Wir verfolgen das Schauspiel noch eine ganze Weile lang. Sehen, wie sie die Wellen pflügen und Kreise drehen und können uns kaum von diesem Anblick lösen. Doch es soll noch besser kommen.
In Kolonne fahren wir weiter. Die 6 ist die einzige Straße in dieser Region, dementsprechend viel wird sie frequentiert. Was jedoch den Genuss nicht schmälert. Immer wieder 'begleitet' uns dichter Busch mit allen möglichen Pflanzen. Es wird wieder exotischer. Die Farnbäume und Palmen nehmen zu, die ruhigen Seen sind eingebettet in ein dschungelhaftes Grün. Sobald wir aussteigen und uns nur einige Meter von der Piste wegbewegen, 'begrüßen' uns die Fantails mit ihrem Gesang. Ein Pärchen flattert aufgeregt vor unsren Nasen und endlich gelingt ein Foto.
Dann öffnet sich der Wald wieder einmal zum Meer. Wir legen eine Pause ein. Eine gute Gelegenheit für einen Coffee to Go und Muffins. Den bestellen wir an einem der 'fliegenden' Büdchen, die man hier häufig auf Parkplätzen oder an exponierten Aussichtspunkten antrifft. Wie dieser hier. Nur leider erscheint das Meer grau und die Sicht ist nicht sehr gut. Wir flüchten uns vor dem Nieselregen wieder in die Autos, wärmen uns am Getränk und betrachten die Tasman See durch die regenverschmierte Windschutzscheibe. Während wir so dasitzen und über das Muffin schwärmen, trau ich meinen Augen kaum, als ich zwanzig, dreißig Meter vor uns springende Jakobs Delfine entdecke. Einer, zwei zugleich, wieder einer ... Ohne ein Allez-hopp zaubert uns der Augenblick die schönsten Flipper herbei. Nichts ist einstudiert, nichts ist Zoo. Natur ist kostenlos, leider wird sie zu häufig auch so behandelt.
Der Regen lässt nicht nach, wird eher heftiger. Im Spiegelsee spiegelt nichts, die Wolken haben sich wie schwere, graue Kissen auf die Wasseroberfläche gelegt. Sicher, das ist auch sehenswert, mystisch und wie aus einem unheimlichen Märchen. Aber so richtigen Schwung für weitere Ausflüge entwickeln wir gerademal nicht. Für morgen ist ein Heli-Flug über den Gletscher geplant, wenn sich das Wetter nicht bessert, müssen wir wohl darauf verzichten. Was machen wir dann? Souveniershops abklappern? Wird auf die Dauer eintönig und zudem teuer. Uns wird schon was einfallen. Don't worry! Be happy!

Rudi Nauschütt

28.12.2018
20:15
Braten - 28.12.2018

Die Pfanne hatten wir gestern nicht gespült. Küchenfrevel! Wäre jedoch nicht aufgefallen, da es hier zugeht wie in einer miesen Studenten-WG, in der schon mal drauf gewartet wird, dass irgendjemand anderes die Arbeit übernimmt. Das Frühstück zelebrieren wir in Gesellschaft von Backpackern, Wohnmobilisten, Hüttengästen und andren 'Zelleninsassen'.­ Ein buntes Bild. Asien verspeist Nudeln, Britain und NZ Bacon and Eggs, Germany Müsli, Toast - mit einem Fitzelchen Marmelade - Rührei gibt's und alle möglichen Essensgerüche ziehen durch die Gemeinschaftsküche, die auch gleichzeitig Speisesaal ist. Gemütlich fühlt sich anders an. Was soll's, don't worry!
Pause, relaxen und mal nicht hunderte Kilometer fahren. Urlaub vom Urlaub. Abhängen ist heute angesagt. On the Beach - grenzenloser Sandstrand. Gerade mal ein Dutzend Leute (uns eingerechnet) verteilen sich auf gefühlt fünfzig Kilometer. Ein paar Möwen kreisen über uns und urplötzlich das Highlight: Delphine! Sie durchstoßen pfeilschnell die dritte Welle (vom Strand aus gesehen). Für unsere Kameras nicht einzufangen. Doch darauf kommt es nicht an, wir erfreuen uns einfach an diesem, für uns doch sehr ungewöhnlichen Anblick. Das Aufregende daran ist zweifelsfrei, dass diese 'Begegnungen' überraschend passieren und nicht mit einer Zoovorführung vergleichbar sind.
Die Temperatur beträgt angeblich 19 Grad. Mir kommt es wärmer vor. Miri nicht, sie trägt einen Strickpulli. Er sei dünn, meint sie. Der Wind sei ihr manchmal zu eisig. Stimmt, WInd gibt's und doch, Shorts und T-Shirt sind mir lieber. Unser Heimatstern knallt seine Strahlung herunter wie ein Backofen auf höchster Stufe. Regelmäßiges Eincremen mit Faktor 50 ist nicht unbedingt verkehrt. Schön, dass man sich mit dem grobkörnigen Sand danach so herrlich einpanieren kann. Doch Sonnencreme ist nicht alles. Es wird noch eine Kurpackung Mück-Weg und Sandfloh-Vernichter auf die Haut gesprüht. Ich würde riechen wie ein Iltis, behaupten die anderen. Mir egal, der Herr will einfach nicht mehr gepiekt werden. Nur so kann ich wunderbar den Leguan machen, mich auf's Ohr hauen und Wärme tanken. Der perfekte Tag zum dösen und die bisherige Reise Revue passieren zu lassen.
Zimtsternchen baut den Strand etwas nach ihrem Gusto um. Das sehe besser aus, meint sie und schleppt Strandgut (einen abgestorbenen Baum) nah ans Wasser. Daraufhin fotografiert sie das 'gebastelte' Motiv. Hundert mal? Dabei empfinde ich das vorherrschende, 'natürliche' Ambiente schon als gelungen genug. Sand, Treibholz, vor mir die Tasmanische See und hinter mir eine kleine Düne mit Marram Gras (ähnlich unsrem Strandhafer), auf der ein undurchdringbarer Busch aus Flachspflanzen, geducktem Nadelgehölz, Birken, wilden Brombeeren und Dornbüschen folgt. Und im Hintergrund die lange Kette der 'blauen' Berge.
Zum späten Nachmittag nehmen wir allmählich die Farbe von Grillhähnchen an, die zu lange geschmort wurden. Es wird Zeit abzurücken, im General Store (er führt alles und hat doch nicht viel) einzukaufen und im örtlichen Restaurant (ähnlich einem Western-Saloon) zünftig Chicken Wings und Fish & Chips zu speisen. Dazu verkosten wir einige Pint Lager-Bier auf den gelungenen Tag des Relaxens.

Rudi Nauschütt

27.12.2018
19:31
43 Meter in die Tiefe - 27.12.2018

Zuerst werden die Füße wie bei einem Pferd gehobbelt, dass man sie nicht mehr bewegen kann und wenn überhaupt nur noch hüpfend vorankommt. Dann legt einer der coolen Crewboys das Sprungseil an. Aufstehen, an den Rand der Plattform hopsen, ein letztes Lächeln in die Kameras. Ab geht's. Kopfüber. Von der Brücke, die den Canyon überspannt. Der Fluss rast auf den Springer zu. Kurz vor dem Eintauchen zieht das Seil an. Der Schwung reicht, um noch einmal in die Höhe katapultiert zu werden, danach pendelt der Wagemutige aus. Unten warten bereits zwei Helfer in ihrem Schlauchboot und 'angeln' nach ihm, ziehen ihn ins Boot und befreien ihn von den lebensrettenden 'Fesseln'. Alle zwei Minuten wiederholt sich dieser Vorgang. Zack, zack und der Nächste. Bis der Tag zu Ende ist. Im Sommer und im Winter. Die aufwändige Infrastruktur vom Sprungseil bis zum modernen Infocenter muss sich lohnen (AJ Hacket Bungy Centrum - www.bungy.co.nz).
Das Zimtsternchen ist von Natur aus tollkühn. Live More - Fear Less gilt auch für sie. Deswegen geht sie heute für uns an den Start. Ein bisschen mulmig sei ihr, meint sie. Doch sie will es wissen, will den Kick. Wir fiebern mit, schauen gebannt zu, wie auch sie an den Plattenrand tritt und winkt. Der coole Typ gibt Signal, sie springt, legt eine ideale Fall-Linie hin. Das schaut nahezu meisterlich aus, als hätte sie nie etwas anderes gemacht. Das Seil bremst, verleiht ihr nochmal Effet und sie fliegt fast die gesamte Sprungstrecke wieder aufwärts. Noch einmal ein Sturz zurück, dann das Pendel. Wir sind erleichtert. Das ist Bungy pur in Adrenalin-City Queenstown. Genauer gesagt, etwa 30 Minuten vor der Stadtgrenze, dort wo der Fluss sich durch einen schmalen, kilometerlangen Felsspalt windet und wo vor einigen Jahren (mal wieder) Außenaufnahmen für den 'Herrn der Ringe' abgedreht wurden.
Wir wollen heute nach Haast. Der Ort hat ungefähr 300 Einwohner und liegt an der W e s t küste. Er soll berühmt für tolle Sonnenuntergänge sein. Richtig gelesen. Hier geht die Sonne im Westen unter und im Osten auf, durchläuft ihren Zenit im Norden und ist im Süden nicht zu sehen.
Um nach Haast (trägt den Namen nach einem deutschen Naturforscher) zu kommen, müssen wir die Südalpen durchqueren. Vorbei an Seen und Flussläufen, die sich je weiter wir kommen in die Breite ausdehnen. Jetzt im neuseeländischen Sommer führen sie nur wenig Wasser und man kann durch die ausgetrockneten Flussbette stiefeln, um beispielhaft an einen Wasserfall (wie die Fantail Falls) oder ein Waldstückchen zu umgehen.
Die Graspuschel verschwinden und machen Flachspflanzen (deren Blätter von den Maori zu allem möglichen genutzt wurden), gelb blühendem Ginster und Lupinenfeldern Platz. Die Lupinen sind hier nicht mehr so vielfarbig wie andrerorts, aber immer noch eine Augenweide für uns. Man könnte an jeder Ecke anhalten und staunen. Wir erreichen daher auch erst am späten Nachmittag unser heutiges Camp. Der erste Eindruck: Der Holiday Park hat den Charme eines städtischen Betriebshofs. Er wirkt mehr als nüchtern. Schmitzchens Zimmer haben die Ausmaße einer Knastzelle. Nur die Fenster sind noch nicht vergittert und der Bottich in der Ecke fehlt auch. Stellplätze gibt's reichlich, sind jedoch auch nicht besonders romantisch angelegt. Immerhin gibt's beim zweiten Versuch Strom.
Wir verziehen uns in den Gemeinschaftsraum, der auch gut in eine Jugendherberge der 1970er passen könnte. Hier wird gekocht, gegessen und Yazzy gespielt. Mit etlichen anderen Gästen. Die Essensgerüche aller international 'betriebenen' Pfannen und Töpfe benebeln die Sinne. Die Alternative wäre, sich auf eine der Bänke vor der Tür zu setzen. Doch da zerpicken die kleinen schwarzen Fliegen (Black Fly) unbedeckte Extremitäten, also verweilt man lieber drinnen, erfreut sich der längst vergessen geglaubten Pennä­ler-­auf-­Klassenfahrt-­Atmosphä­re,­ nur dass die meisten Anwesenden nicht mehr der Schulpflicht unterliegen, sondern allen Altersgruppen angehören.

Rudi Nauschütt

27.12.2018
19:28
Kiwi - Boxing day - 26.12.2018

Boxing day ist der zweite Weihnachtstag (www.timeanddate.com). Er wird (wie auch sonst) anders begangen als bei uns. Zwar ist er ein offizieller Feiertag, doch die Geschäfte sind geöffnet und man erhält überall und fast auf alles Rabatt. Shopping drängt sich daher geradezu auf. Doch zunächst wenden wir uns dem Wappenvogel der Neuseeländer zu. Dem Kiwi. Queenstowns Vogelpark (eine Privatinitiative) lädt zu einem ausgedehnten Besuch ein. Kiwis sind Nachtaktive. Eigens für die Besucher werden sie in einem speziellen Haus gehalten, dass über Tag verdunkelt wird. Sobald sich unsre Augen an die Finsternis gewöhnt haben, können wir lebhafte Kiwis herumlaufen sehen. Sie sind größer als gedacht. Etwa so groß wie ein Suppenhuhn. Die Schnäbel gleichen einer Lanze, die sie am Kopf tragen. Damit nehmen sie ihre Nahrung auf (wir wohnen live einer Fütterung bei). Kiwis hören gut, sie können sehr gut Gerüche aufnehmen, nur mit dem Fliegen klappt's nicht. Wir lernen, dass ihre größten Feinde Ratten und Opossums sind und es vornehmlich auf die etwa 500 Gramm schweren Eier abgesehen haben. Ein Kiwi-Ei (Nachbildung) wird herumgereicht. Wir müssen feststellen, es ist fast ein Drittel so groß wie der Vogel selbst. Ein Grund, warum er kurz vor dem Legen keine Nahrung mehr aufnimmt, da sie einfach nicht in seinen Magen passt.
Keas gibt es auch. Die pfiffigen (frechen) Bergpapageien dösen gerade und zeigen keine ihrer gefürchteten Aktivitäten. Heute haben sie es anscheinend nicht auf neugierige Besucher abgesehen. Denn es gibt durchaus Tage, da klauen sie gerne mal Dies und Das. Die Beute verstecken sie meistens so gut, dass sie nur schwer - wenn überhaupt - wieder aufzufinden ist. Allerdings passiert mir das ständig mit meinem Schlüsselbund, ohne Kea.
Der Park wurde vor über dreißig Jahren von einem Kiwi-begeisterten Ehepaar angelegt. Die geleistete Arbeit (nicht nur hinsichtlich der Kiwi-Zucht) ist beachtlich. Aus einer Schmuddelecke der Stadt, die als Autofriedhof und Abfallhalde diente, gestalteten sie einen ansehnlichen Park. Die Douglas Tannen, die im vorletzten Jahrhundert nach NZ importiert wurden, um den Holzbedarf zu decken, sind inzwischen abgeholzt. Sie stellen ein großes Problem dar. Die 'Migranten' wachsen sehr schnell, schneller als die heimischen Bäume und bedrohen so deren Lebensraum. In NZ wird häufig auf das Problem hingewiesen. Um der 'Plage' Herr zu werden, entfernt man mit goßem Aufwand die Flugtannen und dezimiert den Altbestand. Derzeit wird auch der Kiwi-Park mit heimischen Pflanzen neu besetzt. Etwa 15.000 Stecklinge wurden bereits eingesetzt. Weitere 5000 sollen folgen (www.kiwibird.co.nz).
Jeden Tag in NZ gab es bisher ein Highlight. Die Bushwalks auf der Nordinsel, das Te Papa Museum in Wellington, die botanischen Gärten der Städte, die Schiffsfahrt durch den Milford Sound. Sie sind nicht mehr alle aufzuzählen (www.galaru.de - blog und Gästebucheintrag).
Schon mal fünfzig Minuten Wasserachterbahn gefahren? Dann kann man sich ungefähr vorstellen, was uns heute blüht. Wir lassen uns mit einem Jet-Boot durch die Flüsse katapultieren. Hüte und Käppis ab, Rucksäcke einlagern, Schwimmwesten an und reinhüpfen ins Speedboot. Der Pilot heißt Jake, was mir eigentlich egal ist. Hauptsache er versteht seinen Job. Tut er. Volle Kanne über den See, rein in die Flussmündung, nah vorbei am trockenen Kiesbett oder an den Brückenpfeilern, Enten erschrecken und 360 Grad Turnarounds um die eigene Bugwelle herum, die über die Bordwand schwappt. Dementsprechend sehen wir aus. Nass. Ein paar Erklärungen von Jake, man kann sie kaum verstehen beim Krach der Turbinen und dank seines NZ-Dialektes, dann geht's schon wieder weiter flussaufwärts. Volle Kraft voraus - die Dinger sollen angeblich über 90 km/h Spitze machen. Gekreische und Gejohle. Wir haben gut lachen, die am Ufer vielleicht nicht so. Da könnte man übrigens noch Goldwaschen. Früher einmal mit zum Teil ansehnlichem Ertrag, heute mehr zum Vergnügen.
Man kann nun geteilter Meinung über solche Veranstaltungen sein. Sie sind adrenalinfördernd (keine Frage), sie können einem den Kaffee aus dem Magen in die Speiseröhre zurückbefördern, man erleidet Herz-­Kreislaufbeschwerden,­ ein Halswirbelsyndrom oder überschlägt sich schlimmstenfalls. All das passiert glücklicherweise nicht. Aber eines ist die Veranstaltung bestimmt nicht: Besonders umweltverträglich. Dennoch macht man es gern.
Den Abend mal richtig ausklingen lassen. Im Irish Pub gibt's Livemusik und Bierchen. Das Essen ist gut und die Preise moderat. Was wollen wir mehr?

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